Ein Gastbeitrag von Lisa Amenda
Yoga gilt als ideale Ergänzung zu zahlreichen Outdoor-Sportarten: So auch zum Laufen. Wer die Laufschuhe ab und an gegen die Yogamatte tauscht, beugt einseitigen Bewegungsmustern vor und kann sogar seine Laufleistung verbessern. Welche konkreten Asanas sich wirklich eignen, zeige ich dir hier.
Laut Statista haben im Jahr 2021 rund 22,8 Millionen Deutsche zumindest ab und zu Laufsport betrieben. Das macht rund ein Drittel der Bevölkerung ab 14 Jahren aus. Laufen ist also tatsächlich „Volkssport“, wenn man dieses Wort verwenden möchte. An sich keine Überraschung, denn der Körper des Menschen ist genau für dieses Bewegungsmuster geschaffen.
In unserem Alltag zeigt sich das heutzutage jedoch selten: Wir verbringen den Großteil unserer Zeit in Innenräumen. Büros. Konferenzsäle. Co-Working-Spaces. Wenn wir unserem Körper dann abends schnell noch etwas Gutes tun wollen, kann das den gegenteiligen Effekt haben: Selbst die Runde um den Block oder durch den Wald kann für den Körper schnell zu viel werden. Er reagiert dann mit verkürzten Muskeln sowie verminderter Beweglichkeit – wenn wir ihn nach dem Laufen nicht wieder in Balance bringen. Hier kann Yoga helfen. Schon eine Handvoll Asanas nach der Joggingrunde kann einseitigen Bewegungsmustern entgegenwirken und unterstützt die positiven Aspekte des Laufens auf unseren Körper.
Diese Asanas schaffen den idealen Ausgleich für Beinrückseiten und Co.
Yoga-Haltung für LäuferInnen #1:
Aktive Kindhaltung
Das Kind (oder Balasana) ist eine der ersten Yogahaltungen, die ich kennengelernt habe und die für mich auch nicht wieder wegzudenken ist. Sie ist der beste Start in deine Yogapraxis, aber auch eine der angenehmsten Ruhepositionen, die du währenddessen immer wieder einnehmen kannst.Komme für die Kindhaltung zuerst in den Fersensitz. Öffne die Knie dabei mehr als hüftbreit – wenn du möchtest mattenbreit. Deine großen Zehen sollten sich weiterhin berühren. Wandere nun mit deinen Händen weit nach vorne und schiebe mit der Ausatmung dein Gesäß zurück Richtung Fersen. Lege die Stirn entspannt auf der Matte ab. Dein Bauch liegt zwischen deinen Oberschenkeln. Spreize die Finger und stelle deine Fingerspitzen auf, um die Brustmuskulatur noch mehr zu öffnen und den Rücken angenehm zu dehnen.
Dauer: Bleibe in der Haltung für rund 20 Atemzüge.
Wirkung: Dehnt sanft Rücken, Hüften, Oberschenkel und Knöchel und wirkt beruhigend auf den Körper.
Yoga-Haltung für LäuferInnen #2:
Zehensitz
Der Zehensitz ist eine Variation des Fersensitzes. Er fördert die Beweglichkeit und Kraft des Fußgelenks und verbessert die Mobilität der Fußsohle sowie der Zehen. Außerdem öffnet diese Haltung die Hüften.
Komme dazu zunächst in den Vierfüßlerstand. Bringe dann deine Knie und Füße zusammen und stelle die Zehen auf. Denk auch an den kleinen Zeh! Setze dich dann mit der Ausatmung langsam zurück auf die Fersen. Falls die Dehnung sich zu intensiv anfühlt, hebe bei Bedarf immer wieder das Gesäß an oder senke es nicht bis auf die Fersen ab. Löse die Haltung dann langsam auf, indem du wieder in den Vierfüßlerstand zurückkommst. Klopfe sanft die Zehen auf der Matte aus.
Dauer: Halte die Position für 15 Atemzüge.
Wirkung: Dehnt Muskeln und Faszien in der Fußsohle, kräftigt die Zehenmuskulatur und dehnt die Oberschenkelvorderseite.
Yoga-Haltung für LäuferInnen #3:
Hoher Ausfallschritt
Eine weitere Asana, die sich ideal für LäuferInnen eignet, ist diese Variante von Virabhadrasana I.
Komme dazu am Anfang deiner Matte in einen hüftbreiten Stand. Nimm deine Hände an die Hüfte und mache bei der nächsten Einatmung mit dem rechten Fuß einen großen Schritt nach hinten. Beuge dann dein vorderes Knie auf rund 90 Grad, sodass es direkt über deinem Sprunggelenk steht. Achte darauf, dass das Knie nicht nach innen fällt. Richte deine Hüfte möglichst parallel zum vorderen Mattenrand aus: Schiebe dazu dein Steißbein nach unten und dein Schambein nach oben. So fällst du nicht ins Hohlkreuz und dein unterer Rücken bleibt lang. Hebe deine Arme entlang des Körpers nach oben. Die Fingerspitzen ziehen Richtung Decke. Wenn sich dein Nacken gut anfühlt, kannst du den Blick nach oben richten; ansonsten schaust du geradeaus. Lass dich schließlich noch einmal tiefer in der Hüfte sinken, aktivere die Bein- und Bauchmuskulatur und ziehe die Schultern weg von den Ohren. Um die Haltung zu lösen, strecke das vordere Bein, lege die Hände zurück an die Hüften und steige wieder an den Anfang deiner Matte. Wiederhole den Ausfallschritt mit dem anderen Bein.
Dauer: Verbleibe 5-10 Atemzüge auf jeder Seite.
Wirkung: Öffnet Brustraum und Schultern, dehnt die Vorderseite des Körpers, hält die Wirbelsäule flexibel, dehnt den Oberschenkelmuskel, die Leistengegend sowie den Psoas, stärkt Beine sowie Gesäßmuskulatur und unterstützt die Atmung.
Yoga-Haltung für LäuferInnen #4:
Weite stehende Vorbeuge mit zusätzlichem Arm-Stretch
Beim Laufen wird vor allem die Beinrückseite beansprucht. Eine Asana, die hier entgegenwirken kann, ist die weite stehende Vorbeuge (Prasarita Padottanasana). Ich liebe die Variante mit dem zusätzlichen Arm-Stretch, da sie nicht nur auf der Beinrückseite wirkt, sondern auch noch Schultern und Brustmuskulatur öffnet und dehnt.
Komme dazu an den Anfang deiner Matte in einen hüftbreiten Stand. Die Hände hältst du zunächst an deinen Hüften. Steige mit der nächsten Einatmung mit deinem linken Fuß nach hinten und drehe die Zehen in Richtung langem Mattenrand. Beide Fußaußenkanten sind parallel zum kurzen Mattenrand ausgerichtet. Die Knie sind minimal gebeugt, damit sie nicht nach hinten durchhängen und überdehnen. Die Fersen stehen in einer Linie zueinander. Löse deine Hände und verschränke sie hinter deinem Rücken. Beuge dich dann mit der nächsten Ausatmung über deine Beine nach vorne. Ziehe die gestreckten Arme von deinem Gesäß weg, schiebe die Fußaußenkanten in die Matte und lass den Kopf nach unten sinken. Komme nur so tief, wie es für dich angenehm ist. Um die Haltung aufzulösen, löst du deine Finger, bringst die Hände wieder an die Hüften, beugst die Knie und tauchst langsam wieder nach oben auf.
Dauer: Bleibe in der Haltung für 15 Atemzüge.
Wirkung: Dehnt die Körperrückseite mit Beinrückseiten (Hamstrings), die Beininnenseiten, die große Gesäßmuskulatur sowie die große Rückenmuskulatur. Die Haltung beruhigt außerdem den Geist sowie das Nervensystem und hilft beim Einschlafen.
Yoga-Haltung für LäuferInnen #5:
Trikonasana
Ein weiterer Yogaklassiker, der vor allem für LäuferInnen von Vorteil ist, ist Trikonasana – das Dreieck.
Starte hierzu wieder am Anfang deiner Matte in einem hüftbreiten Stand. Bringe beide Hände an die Hüfte und trete mit dem linken Fuß nach hinten in einen weiten Grätschstand. Der vordere Fuß zeigt nach vorn; der hintere ist parallel zum kurzen Mattenrand ausgerichtet. Drehe nun deine hinteren Zehen leicht ein und aktiviere deine Beinmuskulatur. Presse die hintere Fußaußenkante aktiv in den Boden. Breite beide Arme parallel zum Boden aus und ziehe dich mit der nächsten Ausatmung mit langem Oberkörper über das vordere Bein. Setze deine rechte Hand auf deinem Schienbein, einem Block oder auf der Matte ab. Wichtig ist, dass du einen stabilen Untergrund hast. Die linke Hand zeigt Richtung Decke. Schiebe dich aktiv aus der rechten Hand raus und nimm gerne deinen Blick mit zu den linken Fingerspitzen, wenn sich dein Nacken dabei gut anfühlt. Dein vorderes Knie hat eine Mikrobeuge, damit es nicht überdehnt wird. Ziehe deine Schulterblätter sanft von den Ohren weg.
Dauer: Bleibe hier für 10 bis 15 Atemzüge und wechsle dann die Seite.
Wirkung: Dehnt die Innenseite der Oberschenkel, öffnet den Brustkorb, die Flanken sowie die Zwischenrippenmuskulatur, verhilft so zu einer tieferen Atmung und wirkt vitalisierend.
Yoga-Haltung für LäuferInnen #6:
Schulterbrücke
Laufsport trainiert vor allem Hüftbeuger sowie die Po- und Oberschenkelmuskulatur. Die Schulterbrücke (Setu Bandha Sarvangasana) schafft hier einen wunderbaren Ausgleich.
Komme dazu in Rückenlage auf deine Matte. Die Beine sind hüftbreit vor dir aufgestellt. Lege die Arme entlang des Körpers mit den Handflächen nach unten ab; die Mittelfinger berühren im Idealfall deine Fersen. Hebe mit der Einatmung das Becken von der Matte. Achte darauf, dass die Oberschenkel parallel bleiben und die Knie nicht zusammenfallen. Aktiviere deine Gesäß- und Oberschenkelmuskulatur sowie deine Bauchmuskulatur, um den unteren Rücken zu schützen. Dein Nacken fällt nicht in sich zusammen, sondern bleibt für die gesamte Dauer der Haltung lang. Wenn du deine Schultern und die Brustmuskulatur noch weiter öffnen möchtest, nimm deine Schultern weiter unter deinem Körper zusammen, lass die Arme gestreckt am Boden und nimm deine Hände zusammen. Schiebe dich dann noch weiter nach oben raus. Um aus der Haltung zu kommen, löse die Hände und rolle dich dann Wirbel für Wirbel nach unten ab. Stelle die Füße mattenbreit auseinander und lass die Knie aneinander fallen.
Dauer: Bleibe hier für 10 - 15 Atemzüge.
Wirkung: Öffnet Brustkorb, Brustmuskulatur und Schultern, dehnt die Körpervorderseite, stärkt Rücken, Oberschenkel und Gesäß und hält die Wirbelsäule flexibel.
Yoga-Haltung für LäuferInnen #7:
Liegender Schmetterling
Zum Abschluss gönnen wir uns eine aktive Entspannung im liegenden Schmetterling.
Lege dich dafür auf den Rücken und stelle deine Beine auf. Lasse die Knie auseinander fallen und bringe deine Fußsohlen zusammen. Je näher deine Füße an deinem Gesäß stehen, desto intensiver ist die Haltung: Finde also den für dich passenden Abstand. Lege dann die Arme lang neben deinen Körper ab oder – wenn du magst – lege die Hände auf deinen Bauch. Der Nacken bleibt lang und ausgestreckt. Schließe gerne deine Augen und atme tief in den Bauch ein und aus. Falls deine Knie nicht den Boden berühren und sich das für dich komisch anfühlt, kannst du eine Decke oder ein Kissen unter sie legen.
Dauer: Bleibe hier für mindestens 20 Atemzüge.
Wirkung: Öffnet Hüften und Leisten, wirkt beruhigend und hilft, Stress sowie Ängste abzubauen.
Fotocredits: Jürgen Amenda & Julian Rohn
Lisa Amenda
Lisa ist Yogalehrerin und Kneippcoach. Ihr Ziel ist es, OutdoorsportlerInnen, BergsportlerInnen und natürlich alle anderen in Kontakt mit Yoga und Kneipp zu bringen – aber vor allem auch wieder in Kontakt mit ihrem eigenen Körper. Dabei arbeitet sie mit Asanas, Meditation, Pranayama sowie mit (Wasser-)Anwendungen nach Kneipp. Ihr ist es wichtig, dass wir in der heutigen Zeit einen gesunden Ausgleich zu unseren überwiegend sitzenden Tätigkeiten, unseren einseitigen Sportarten und unserer Zeit vor dem Bildschirm bekommen. Zudem will sie nicht nur dabei helfen, Krankheiten und Beschwerden zu heilen, sondern ihnen rechtzeitig vorbeugen.
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