5 kommunikative und praktische Tipps für (trauma)sensiblen Yoga-Unterricht

5 kommunikative und praktische Tipps für (trauma)sensiblen Yoga-Unterricht

Ein Gastbeitrag von Louisa Domhan und Loredana Di Filippo

So können sich Menschen mit traumatischen Erfahrungen in deinen Kursen sicherer fühlen

Auch im Yoga gilt das Prinzip: No size fits all. Eine Position oder eine einfache Handlungsaufforderung kann für manche Menschen eine komplett eigene Bedeutung haben und zu Anspannungen bis hin zu bedrohlicher Unruhe führen. Wie du deine Yogakurse (trauma)sensibel gestaltest, erfährst du in diesem Beitrag.

Tipp 1:
Do your research – befasse dich mit Trauma und dem Nervensystem

Das Angebot ist riesig: egal ob ein Fachbuch, Podcasts, YouTube oder eine Fortbildung. Beschäftige dich mit den Themen, die du für dich und in deinen Yogastunden stärker umsetzen möchtest. Workshops können der perfekte Start für dich sein.

Tipp 2:
Erlaube deinen SchülerInnen, die Augen offen zu lassen

Oftmals hören wir in einer Yogastunde diesen Satz: „Schließe deine Augen.” Allein diese Aufforderung kann Menschen, die innere Anspannung und belastende Erinnerungen in sich tragen, überfordern.

Für Menschen, die unter viel Unruhe leiden, ist es sehr kontraintuitiv und manchmal sogar quälend, die Augen zu schließen. Das bedeutet nicht, dass Personen mit einem dysregulierten Nervensystem oder einem Trauma-Hintergrund niemals ihre Augen schließen dürfen. Jedoch wirst du als nervensystem-informierte und (trauma)sensible YogalehrerIn wissen, dass bereits diese Aufforderung für manche problematisch kann. Ermutige deine SchülerInnen deswegen dazu, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Lade sie dazu ein, selbst zu wählen, ob sie ihre Augen schließen wollen oder nicht.

Oft werden wir im Yoga auch dazu angeleitet, unseren Blick zu fokussieren, da wir hiermit besser unseren Geist fokussieren können. Eine (trauma)sensible Modifikation wäre die Option, den Blick durch den Raum schweifen zu lassen. Dieses „sich im Raum orientieren“ kann auf der Ebene des Nervensystems Sicherheit schaffen.

Tipp 3:
Wähle eine einladende Sprache und biete Wahlmöglichkeiten

Anstatt Menschen vorzugeben, wie sie etwas wann zu tun haben, ist es sensibler, auf eine einladende Sprache umzusteigen und Wahlmöglichkeiten anzubieten. Für unterschiedliche Menschen zu unterschiedlichen Zeiten und Lebensphasen ist es nicht immer passend, das zu tun, was wir als Yogalehrende vorgeben.

Anstatt „strecke dein rechtes Bein” könntest du sagen „ich lade dich ein, auszuprobieren, ob du dein rechtes Bein strecken kannst”.

Anstatt „schließe deine Augen” könntest du sagen „wenn du möchtest, kannst du deine Augen schließen oder vor dir auf den Boden schauen”.

Anstatt in der zweiten Kriegerin zu sagen „halte die Position nun für 10 Atemzügen” könntest du sagen „ich lade dich ein, die Haltung für 10 Atemzüge zu halten, wenn heute genug Kraft da ist. Ansonsten könntest du dein vorderes Bein immer wieder strecken und beugen”.

Tipp 4:
Siehe Berührungen als optional an und gib deinen SchülerInnen die Sicherheit, sich auf diese einlassen zu können

Nicht jeder, der eine Yogaklasse besucht, möchte berührt werden. Ungefragte Adjustments oder Assists können für Menschen mit schwierigen Erfahrungen besonders herausfordernd sein.

Nutze deswegen Hands-On-Kärtchen, mit denen die SchülerInnen dir signalisieren können, ob sie an diesem Tag berührt werden möchten. Oder frage vorab, wer Adjustments erhalten möchte und halte dich an diese Absprache.

Tipp 5:
Lass deine SchülerInnen ihr individuelles Savasana finden

10 Minuten in Stille in Dunkelheit daliegen – was für manche Ruhe und Entspannung bedeutet, kann bei anderen wiederum Unruhe und Anspannung auslösen. Mehr als das: Savasana kann für Menschen mit einem dysregulierten Nervensystem höchst bedrohlich sein. Biete deshalb individuelle Savasana-Varianten an! Zum Beispiel: “Schau, wie du die Stunde für dich beenden möchtest: im Liegen, im Sitzen oder in einer Position deiner Wahl”.

 




Louisa Domhan & Loredana Di Filippo

Louisa und Loredana sind (trauma)sensible Begleiterinnen aus Leidenschaft. Sie sind davon überzeugt, dass achtsamkeitsbasierte Methoden sehr heilsam sein können – wenn (trauma)sensibel und nervensystem-freundlich angeleitet wird. In ihren gemeinsamen Workshops und Fortbildungen vermitteln Loredana und Louisa die Grundlagen (trauma)sensibler Achtsamkeit. Sie sind Gründerinnen der „Traumasensible Achtsamkeit“-Community auf Facebook – ein Netzwerk für (trauma)sensible AchtsamkeitspraktikerInnen, Body WorkerInnen, YogalehrerInnen und CoachInnen.

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